Da habe ich mich ja schon sehr gefreut, als mich PORT CULINAIRE wieder ansprach, ob ich erneut in der Jury des Bauknecht-Nachwuchspreise auf Chef-Sache 2012 dabei bin. Bereits im letzten Jahr hat das so viel Spaß gemacht, dass ich sofort „JA“ gesagt habe. Und ich muss sagen: Es war für mich noch viel besser als im letzten Jahr!
Zuerst stand natürlich die Hauptaufgabe im Mittelpunkt: die Bewertung der drei Nachwuchsköche des Bauknechtpreises. Diesmal sollte ein Gericht zum Thema „Unsere Wildkräuter“ entwickelt und vor Ort gekocht werden. Unsere drei Helden hatten sich unter zahlreichen Bewerbungen, die bei PORT CULINAIRE eingegangen waren, durchgesetzt. Im Grunde waren sie bereits alle drei Sieger. Nun galt es, „nur“ noch den Kaiser unter den Königen zu küren. Um es vorweg zu nehmen, es war ein Fotofinish. Die Platzierungen im Überblick:
1. Platz: Sascha Wenning, Auszubildender im Hotel Mondial am Dom, Köln, 2. Lehrjahr – der Ruhige, aber oho.
„Was kreucht und fleucht“ war sein Thema. Er servierte uns Spitzwegerich-Pesto, Wiesenkerbel-Ravioli, Brennnesselspinat, Bergischer Bachsaibling, Pfifferlingstatar, Weinbergschnecken-Beignet, Mayonnaise mit wildem Meerrettich und Weißweinschaum – 8 Komponenten! Meine ganz persönlichen Highlights dieses Gerichtes waren die Wiesenkerbel-Ravioli, die nicht von Teig, sondern von einem Gelee mit Kräutern umgeben war. Innen versteckte sich das warme Pfifferlingstatar – genial. Und die Weinbergschnecken im Beignet-Teig. Ich mag eigentlich keine Schnecken. Von diesen hätte ich aber einige mehr wegnaschen können. Sie wurden auf der Meerrettich-Mayonnaise serviert. Hut ab, für diese Leistung.
2. Platz: David Mettler, Auszubildender im Söl’ring Hof, Sylt, 3. Lehrjahr – sehr souverän und sylt-like (was ich total positiv meine, David).
Das fand ich ja toll, dass ein Azubi von meinem „Liebling“ Johannes King mit am Start war. Immerhin hatte ich auf dem Söl’ring Hof eines meiner besten Menüs gegessen – und ganz bald bin ich wieder dort :-). Das Gericht war auch wirklich typisch Söl’ring Hof: Kabeljau mit Muscheln und Wattpflanzen. David arbeitete dabei mit Kräutern, die es zum Teil wirklich nur auf Sylt gibt: Strandwegerich, Strandportulak, Strandwermuth, Strandaster, Soden (der Hammer!, sieht wie Schnittlauch aus schmeckt wie Koriander nur besser) und Queller. Das Gericht wurde ergänzt mit einer tollen Fenchel-Queller-Creme, zwei Sorten Muscheln, Muschelgelee über dem Kabeljau und Muschelschaum. Ein Gaumenschmaus. Alles hat soooo gut zusammengeschmeckt. Ich hätte mich in eine Badewanne davon legen können. Harmonie pur. Jedes einzelne Kraut hat die Komposition optimal unterstützt.
3. Platz: Katharina Wärzner, Auszubildende im Hotel Mondial am Dom, Köln, 3. Lehrjahr – Frauenpower at it’s best.
Katharina servierte uns unter dem Motto „Wiese frisst Lamm“: Schafgarbe, Spitzwegerich, Guter Heinrich, Wiesenkerbel, Spießbraten vom Urlammrücken, saure Lammzunge, Wildkräuteressig, Rapsöl, Krautsalat und Urkarotte. Ich war besonders auf die Urkarotte gespannt. Diese kam gleich zweimal auf dem Teller vor, als super leckeres lila-farbenes Püree und als mit Kreuzkümmel gewürzte, glasierte Gemüsewürfel. Das Lamm war butter-butter-zart und auch noch mit einer Kräutercreme gespickt. Die Kerbelcannelonie war handwerklich ein echter Hingucker – mit Schafs- und Ziegenkäsefüllung kam sie daher. Das in der Aufregung alles auf den Punkt zu bringen, Kompliment.
Allen dreien noch einmal herzlichen Glückwunsch und 1000 Dank für die leckeren Speisen. Übrigens habe ich zwei der drei Teilnehmer des letzten Jahres auch auf der Messe gesehen. Frau Linke, die Kommunikationsleiterin von Bauknecht, legt sehr großen Wert darauf, mit den ehemaligen Teilnehmern in Kontakt zu bleiben und sie auch weiterhin zur Chef-Sache einzuladen. Super, denn Chef-Sache ist echt ein wunderbarer Treffpunkt für Köche. Hier werden einfach Trends und Innovationen von den Top-Köchen gezeigt.
Da wären wir schon bei: Und was gab es sonst noch zu sehen? Sehr, sehr, sehr viel!
Die Präsentationen der Spitzenköche! Ich sage Euch, da kommt man als kleiner Food-Blogger nicht mehr aus dem Staunen raus. Ich habe die Vorträge von Joachim Wissler, Gourmetrestaurant Vendôme (3 Sterne), Frantzén/Lindeberg aus Stockholm/Schweden (2 Sterne, No. 20/50 Best der Welt) und Joan Roca, El Celler de Can Roca, Girona / Spanien (3 Sterne, No. 2/50 Best der Welt) gesehen. Irre!
Joachim Wissler ist in Deutschland einer der Vorreiter deutscher Spitzenküche. Regionale Produkte, klare Aromen gekonnt in Szene gesetzt und Innovationen sind ihm wichtig. Er präsentierte uns beispielsweise einen Art Destillator, mit dem Japaner Kaffee kalt über viele Stunden zubereiten. Dahin produzierte er mit selbstgekeltertem Apfelsaft und vielen unterschiedlichen Kräutern eine Essenz, die er zusammen mit dehydrieren Rosinen zum Starter eines Menüs serviert. Das mit den dehydrierten Rosinen muss ich unbedingt ausprobieren.
Das Chefduo Björn Frantzén und Daniel Lindeberg sind total verrückte Typen und die absoluten Aufsteiger des letzten Jahres: von Null („One to watch“ wie der Fachmann sagt) auf Platz 20 der Welt. Sie kochen Ihre Menüs ala minute, alles frisch und direkt. Nur 16 – max. etwas über 20 Gäste – bekochen sie pro Abend in ihrem Restaurant in Stockholm. Beispielsweise mit gegrillter Jakobsmuschel mit Trüffel in zwei Gängen, einem Dessert aus Schokolade, einer Creme aus Rentierblut und Rentierblutchips mit frittiertem Moos oder ein indirekt geräuchertes Rentiertatar mit geraspeltem, getrockneten Rentier-Ziemer (Ihr wisst, was das ist 😉 – essen normalerweise vom Rind unsere Hunde sehr gerne…). Sie züchten selbst Hühner, habe eine 11 Jahre alte Kuh, Pferde und Gärten, um die besten Produkte für ihr Restaurant zu haben. Saucen mögen sie allerdings nicht. So kommt das Hauptgericht mit Geflügel mit einer Art Vinaigrette aus Zwiebeln. Dazu gibt es schwarzen Knoblauch, den man aus Asien beziehen kann, aber auch selbstmachen kann – 3 Monate im Ofen langsam trocknen lässt! Aha.
Joan Roca ist natürlich der Ober-Star der Stars gewesen. Er erklärte uns, welche Punkte in seiner Küche wichtig sind anhand von Rezepten. Von Tradition, über Wein, Natur, Literatur bis hin zu Humor. Humor war beispielsweise eine Art Kokosnuss, die sie molekular mit Stickstoff aus einer Kokoscreme in zwei Teilen mit einer Kelle herstellen und dann zusammensetzen, mit Schokolade ummanteln, Zuckerfäden sind die Haare der Nuss und Kakaopulver das Finish. Erinnernd an die Kokosnussverkäufer am Strand wird die Kokosnuss dann als Petit Four nach dem Dessert serviert. Da viel Wald in der Gegend um das Restaurant ist, arbeiten Joan Roca und seine Brüder auch viel mit Trüffel – lecker, sah das aus. Auf meiner persönlichen Restaurantbesuch-Wunschzettel steht Joan Roca nun ganz ganz oben….
Spannende Produkte gab es natürlich ebenfalls zu entdecken und verkosten. BOS FOOD war mit am Start, OTTO Gourmet, Neuseeland Hirsch – köstliches Hirschfleisch oder auch Bad Essener Urmeersalz „King of Salt“, die das Ursalz als Flüssigsalz verkaufen – auch mit verschiedenen natürlichen Aromen verfeinert – toll.
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