Seit ich vor ca. 2 Jahren auf einer Veranstaltung einmal ein Eis aus dem flüssigen Stickstoffbad essen durfte, habe ich immer mal wieder überlegt, mich mit dem Thema Molekularküche zu beschäftigen. Zuerst dachte ich, das ist bestimmt zu schwierig, um diese Techniken am heimischen Herd einzusetzen. Außerdem ist es doch bestimmt nur Angeberei und ob das auch wirklich lecker ist – wer weiß.
Und bereits seit Jahren habe ich durch meine Tätigkeit bei einer Foodzeitschrift natürlich immer den Traum gehabt, einmal im „El Bulli“ bei Ferran Adrià, dem „besten Koch der Welt“ – laut New York Times und Le Monde – Essen zu gehen. Was selbstverständlich bis heute nicht in Erfüllung gegangen ist, da sich die Warteliste bei ihm über mehrere Jahre erstreckt, und Spanien auch nicht gerade um die Ecke ist.
Dieser verrückteste aller Köche serviert jedes Jahr nur ein halbes Jahr lang ein festes Menü mit 30 Gängen. Nur 45 Gäste haben in seinem Restaurant Platz. Alleine 20 Kellner verwöhnen diese Gäste nach Strich und Faden. Nicht zuletzt sind sie wichtig, um die Gäste mit den Gebrauchsanleitungen für das Essen der einzelnen Gänge vertraut zu machen, denn die Kreationen kann man nicht so einfach essen, wie wir das gewohnt sind! Das zweite halbe Jahr entwickelt das Team das nächste 30-Gänge-Menü für das Folgejahr. Weil alle Speisen wirklich neuartig sein müssen, also auf gar keinen Fall Varianten von Bekanntem. Sehr spannend also.
Vor ein paar Tagen habe ich mir dann also gleich zwei Bücher zu diesem Thema gekauft, um der Sache mehr auf den Grund zu gehen. Das ist so meine Art, ich brauche erstmal die Theorie – da kommt dann halt der alte Perfektionist in mir wieder durch. Das erste Buch war „Die Revolutionen des Ferran Adrià“ von Manfred Weber-Lamberdière. Ein Buch das man wunderbar schnell lesen kann, wenn man mehr über das Genie Ferran wissen möchte. So lernt man z.B. auch, dass das „El Bulli“ seinen Namen dem Bullterrier der vorherigen Besitzer des Hauses, Dr. Hans Schilling und Marketta Schilling, verdankt. Ende der 50iger Jahre kaufte dieses Düsseldorfer-Ehepaar die Bucht, wo das heutige „El Bulli“ steht. Im „El Bulli“ isst man heute so Dinge wie „Blutwurst-Puffreis“, „Buchstabensuppe aus Erdbeer-Baiser“ oder „Spargellollis mit Trüffel“. Geil, oder?
Die ersten Rezepte zur Molekularküche holte ich mir über das Buch „Molekularküche – das Kochbuch“ von Prof. Dr. Thomas Vilgis. Dieses Buch ist in Temperaturbereiche gegliedert. Im ersten Kapitel dreht sich z.B. alles insbesondere um den flüssigen Stickstoff und den Temperaturbereich -200°C- -100°C. Am Ende bis hin zu 140°C – 200 °C z.B. für das Frittieren mit Zucker – Trehalose. Wirklich sehr spannend: Staunen, lesen und jede Menge lernen.
Mit Recht sagt der Autor aber bereits in der Einleitung, dass „Die Molekularküche überall ist. Denn Kochen, Backen oder jedes andere Einwirken auf Lebensmittel geht mit physikalischen und/oder chemischen Veränderungen auf molekularer Basis einher. Jedes Kochen ist molekular.“(s. S 9 1.These, 1. Auflage 2007). Oh, wie recht er doch hat. Was mir nämlich an diesem Thema wirklich auf den Wecker geht, dass oft solch kulinarische Wichtigtuer besonders schlau über Molekularküche und deren Köche reden. Diese Leute können in der Regel gar nicht wirklich mit Leidenschaft und Kreativität selbst kochen, aber wenn es um Zutaten wie Agar-Agar (Geliermittel aus Algen) oder Xanthan (Verdickungsmittel, wird aus Maisstärke gewonnen) oder Paco-Jets (damit kann man tiefgefrorene Zutaten zu Sorbets oder Eiscreme pürieren – ein solches Teil kostet über 2.000 €! => hallihallo) werden sie wach. In diese Riege möchte ich mich auf keinen Fall einreihen.
Aber dennoch ist das Thema für einen kochinteressierten Menschen äußerst spannend. Man kann mit bestimmten Hilfsmittel bzw. Garmethoden den Zutaten neue Konsistenzen verleihen und das sogenannte „Mundgefühl“ beim Essen ist dann enorm spannend. Ergänzend zu traditionellen Methoden finde ich es wunderbar, damit zu experimentieren. Somit werde ich nun in nächster Zeit mal hin und wieder etwas ausprobieren. Ich halte Euch auf dem Laufenden – ihr seid dabei, bei meinen ersten Gehversuchen in diesem Bereich.
6 Comments
Pingback:Kulinarische Wichtigtuer und Paco-Jets | molekularkueche
Posted at 23:13h, 07 Januar[…] von dem Blog neue/ess/klasse kümmert sich nach der Lektüre der Adrià-Biographie sowie des Kochbuchs von Thomas Vilgis in ihrem […]
kulinaria katastrophalia
Posted at 23:48h, 08 JanuarDie praktischen Resultate werden mit Interesse erwartet.
Benedikt
Posted at 15:07h, 11 Januar@kulinaria: ich hoffe, nicht bloß für deine katastrophensammlung? denn auch dafür ist die molekulare küche immer wieder aufs allerbeste, wie wir immer wieder erfahren durften.
Pingback:Natürliches Glutamat: Umami die fünfte Geschmacksrichtung | neue/ess/klasse
Posted at 14:00h, 04 Februar[…] Fan – verständlicherweise… Parallel beschäftige ich mich aber zurzeit mit dem Thema Molekularküche und wie ich die neuen Techniken, etwa die Texturen (Schäume, Gele etc.) und Garmethoden, aber […]
wiegates
Posted at 16:58h, 23 JuliAlso, ich habe schon mehrfach im „El Bulli“ gegessen, allerdings in den 70ern und 80ern, als das Restaurant noch nicht so bekannt war. Aber auch da war es schon sehr lecker und seeeehr exklusiv. Da konne man noch während des Rosas-Spanien-Urlaubes anrufen und einen Tisch reservieren. Die original Rechnungen kleben bei uns nnoch im Fotoalbum. Vielleicht sollte ich diese mal nach Spanien faxen, um leichter an einen Tisch im El Bulli zu bekommen? Viele Grüße, ein toller Blog!
Julia
Posted at 06:16h, 31 MaiAber warum nennt man alles Schönes und Kreatives Unsinn. Molekular Küche ist Kunst, meine ich.