Meine Schwiegermama ist wirklich eine Sammlerin von alten Sachen. So habe ich bei ihr ein Original-Kochbuch aus dem Jahre 1879 „Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“ von Henriette Davidis gefunden. Darin zu schmökern ist die wahre Wonne. So finde ich z.B. das Frikadellen-Rezept aus diesem Buch wirklich interessant. Man schöpft noch aus dem Vollen in Sachen Butter – Horst Lichter wird das sicherlich gefallen. Und so steht es dort geschrieben:
„49. Gebratene Fricadelle vom frischen Fleisch Nr. 1. Dieselbe wird überaus fein und wohlschmeckend, wenn man dazu 1 Theil Rind-, 1 Theil Kalb- und 1 Theil durchwachsenes Schweinefleisch fein hackt und dann zu 750Gr. Fleisch 125Gr. Butter nimmt. Kann man die Mischung nicht haben, so zerhackt man 750g gutes Bollenfleisch mit 125Gr. Nierenfett oder frischem Speck ganz fein, gibt dazu 4 ganze Eier, Salz nach Geschmack, Muskatnuß, 80Gr. gestoßenen Zwieback oder geriebenes Weißbrod und 1 Tasse kaltes Wasser. Dies wird unter einander gemischt, rund oder länglich geformt, mit der nassen Hand recht glatt gemacht, mit Zwieback bestreut und mit dem Messer kreuzweis Streifchen darüber gezogen. Dann legt man die Fricadelle in steigende Butter, brät sie unter fleißigem Begießen im Ofen gelb, gießt nach und nach etwas kochendes Wasser an die Sauce, auch, wenn es sein kann, einige Eßlöffel dicke Sahne, und läßt sie 3/4-1 Stunde dunkelgelb, nicht braun braten. Hat der Ofen von unten nicht gehörige Hitze, so kann man sie erst 1/2 Stunde auf dem Feuer zugedeckt braten lassen und dann in den Ofen stellen, damit sie oben Farbe bekomme, umgewandt wird sie nicht. Man kann auch sogleich einige feingestoßene Wachholderbeeren in die Butter geben, ehe die Ficadelle hineingelegt wird.“
Das ist doch echt herrlich. Alleine die Formulierungen sind göttlich. Ich stelle mir die gesamte Geschichte nur erst etwas matschig vor – man bedenke die Tasse Wasser -, aber das lange Garen wird das Wasser verdunsten oder in die Sauce abgeben lassen. 🙂 Hier übrigens die aktuelle Auflage dieses Buches.
5 Comments
kulinaria katastrophalia
Posted at 20:03h, 01 FebruarNicht schlecht 😀 Die Zubereitungshinweise sind wirklich von nicht zu unterschätzender Formulierungskunst geprägt. Aber was ist denn bloß Nierenfett?
Melanie
Posted at 09:27h, 04 FebruarHallo, Nierenfett ist das Schlachtfett im Bereich der Nieren. Meistens nimmt man das wohl vom Kalb. Muss man sicherlich beim Fleischer vorbestellen. Aber eigentlich würde ich das auch gar nicht wollen – puuuh. Ich frage noch mal den Ludger von „Essen kommen“, der weiß es sicherlich noch genauer.
Ludger
Posted at 14:27h, 04 FebruarHallo Melanie,
gerne gebe ich Auskunft. Ich habe das Rezept auch gelesen und habe gedacht: „Na – Nierenfett! Wie sich die Zeiten doch ändern!“ Nierenfett ist das Fett vom Rind/Kalb. Die Niere ist darin eingebettet. Wir haben (gaaanz früher) Nierenfett durch den Fleischwolf gelassen und dieses ausgebraten. Das Fett wurden dann zum Braten genommen. (Pfannkuchen, Bratwurst, usw.) Einige haben das Fett auch zum Backen genommen oder zum Fetten der Auflaufformen. (Talg)
Ich würde heute ganz fettes Rindfleisch nehmen. Das passt ergibt auch einen guten Geschmack und ist nicht ganz so fett.
Melanie
Posted at 15:18h, 04 Februar@Ludger: Lieben Dank für Deine tolle Erklärung! Ich bin irgendwie froh, dass man das heute anders macht.
Frikadellen Liebhaber
Posted at 02:39h, 07 AprilEin echt Klasse Rezept. Der Kalbsanteil im Hack ist zwar teuer aber super!! Da habt Ihr echt einen Schatz ausgekraben!!!
Super Seite